1924 | Bildercourier (April 1924)

Besuch von George Grosz

Erstmals Sommeraufenthalt in Boulogne s/mer und in Equihen, einem Fischerdorf in der Nähe; Besuch von George Grosz in Paris; Neuauflage der „Passion eines Menschen“ im Kurt Wolff Verlag.

Brief an Romain Rolland vom 21. Juni

“Ich habe Grosz in der Tat sehr häufig gesehen. Er blieb zwei Monate hier. Er ist ein sehr sympathischer Mensch, 32 Jahre alt und von guter Gesundheit. Er ist der einzige Künstler, mit dem ich – bisher – zahlreiche Berührungspunkte gefunden habe. Mit ihm kann ich über mein Handwerk sprechen. Hier reden die Maler nur über Farben, Techniken, die Form, er spricht auch über den ‘Geist’, und wir sagen übereinstimmend, dass das, was man ausdrücken will, wichtiger ist als die Art, es auszudrücken. Auch er denkt, dass die Kunst soweit wie möglich eine Aktion sein muß, und dass der Künstler der sozialen Frage gegenüber nicht indifferent sein darf.” (Paris, Bibliothèque Nationale)

Brief von George Grosz an seinen Schwager Otto Schmalhausen vom 8. April

“Well, Oz – Sonntag ging ich zu Frans Masereel, der auch hoch nahe der Zuckerkirche Tzückré Cœur wohnt. Masereel ist ein sympathischer Mensch, vielleicht mir der liebste hier. Anständiger Kerl. Spricht übrigens deutsch. Wir aßen mit ihm und seiner Frau in einer ganz kleinen pfropfenvollen Montmartre-Kneipe au mère Catherine. Well – dann führte uns Masereel ins berühmte Moulin Rouge. Tanzlokal mit 2 Kapellen und Ballett-Einlage. Hier wird immer noch als Einlage der berüchtigte franz. Can-Can nach alter Musik getanzt. (…) Masereel ist ein großer worker. Er arbeitet an einem neuen Cyklus Holzschnitte, Thema ‘die Stadt’. Auch versucht er, Ölbilder zu malen. Er unterscheidet sich wesentlich von den üblichen Pariser Künstlern, hauptsächlich dadurch, dass er keine Guitarren malt.” (George Grosz, Briefe 1913 – 1959, Reinbek b. Hamburg 1979, S. 85/86)


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