1931 Masereel (Foto: Pfemfert, 1931)
Luc Durtains Monographie
Fertigstellung und Anbringung der Mosaiken für das Solarium Georg Reinharts in Winterthur, an denen Masereel seit 1929 arbeitete; Pierre Vorms publiziert Luc Durtains Masereel-Monographie.
Brief an Thea Sternheim vom 2. Dezember
„Die berühmte ‘Krise’ macht sich mehr und mehr bemerkbar. Man verkauft absolut nichts mehr.” (“Marbacher Magazin”, 31/1984, S. 20).
Brief an Romain Rolland vom 9. August
“Mehr und mehr muß man sich der Kunst als eines Instruments des Kampfes bedienen. Unsere Epoche ist derart ekelhaft, dass man eine immer entschiedenere Position beziehen muß. Mein Verleger in Paris, P. Vorms, beabsichtigt, eine Auswahl von 100 Zeichnungen, nennen wir sie politische, die ich während des Kriegs für ‘la Feuille’ gemacht habe, und die aktuell sind, in einer preiswerten Ausgabe herauszubringen. Die Zeichnungen werden ohne Unterschriften publiziert, die heute nicht mehr aktuell sind. Dieses Album wird ein Kampfalbum in erster Linie sein, nützlicher als je, glaube ich.” (Paris, Bibliothèque Nationale).
Klaus Mann
„Masereel ist von den bildenden Künstlern unserer Epoche ohne Frage der, den die Dichter, Schriftsteller, Literaten, sonst nicht so sehr einig untereinander, am meisten lieben. Ihn preisen, als gemeinsames Ideal, die Sanftesten und die Extremsten, die Lyrischen und die Politiker. Die Maler pflegen sein Werk mit mehr Bedenken anzuschauen und zu beurteilen. Das macht: die Schöpfungen, die seinen besonderen und einzigartigen Ruhm begründet haben, standen der Literatur, genauer gesagt: dem Epos, beinahe näher als der gewohnten Malerei. (…) Man hat ihn mit Walt Whitman verglichen, dem er verwandt ist; zunächst durch eine überströmende, weltumarmende Lebensbejahung, spezieller durch die Form, in der sie sich manifestiert. Man könnte bei Whitman von einem aufzählenden Pathos sprechen; ähnlich bei dem bildenden Erzähler Masereel. (…) Es sind da viele Bilder von Fischern, Matrosen, Hafenarbeitern, mit schweren Gesichtern und noch schwereren Händen. In ihrer breitbeinigen Ruhe und sinnenden Würdigkeit scheinen sie fast majestätisch, wenn sie an den Taken ihrer kleinen Bars lehnen oder mit gespreizten Knien dasitzen, Ziehharmonika spielend. Diesen neuen Bildern haftet etwas Lastendes an, auch in der Farbe: tiefes Grau, Dunkelgrün, Dunkelblau, dazwischen ein heftiges Tiefrot. Seine frühen Großstadtaquarelle hatten eine elektrische Überreiztheit, nervös kreisende Bewegtheit. Lichtreklamen wirbelten, die Häuser warfen auf die gehetzten und genußsüchtigen Mienen der Menschen scharfe und erregende Schatten. Wenn er heute Paris malt, sieht es stiller aus. Ich denke an ein Montmartre-Bild, dessen fahles Grau viel von der Traurigkeit großer Städte um die ersten Morgenstunden enthält. Diese Bilder sind nicht mehr kühn. Aber es eignet ihnen eine schon beinahe melancholische Reifheit, eine geprüfte, geläuterte und ruhig gewordene Meisterschaft.” (Klaus Mann, Auf der Suche nach einem Weg, Berlin 1931, S. 326/328).